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Fachbeitrag: Das richtige Entgraten spart Zeit, Nerven und schon

Das richtige Entgraten spart Zeit, Nerven und schont den Geldbeutel!

(Lesezeit: ca. 8 Minuten)

Das Ablängen und Entgraten von Rohren in der Haustechnik ist ein Thema, dessen Notwendigkeit selbst in Fachkreisen oft kontrovers diskutiert wird. Nicht zuletzt deshalb, weil es offensichtlich mit einem unbeliebten Arbeitsaufwand verbunden ist, der sich mit dem Gedankengut der Wirtschaftlichkeit zunächst nur schwer in Einklang bringen lässt. Erforderlich ist es dennoch und wer es unterlässt handelt sich möglicherweise unnötigen Ärger ein. Wir klären auf, warum gerade in diesem Bereich eine fachgerechte Arbeitsweise unabdingbar ist und welche hohen Risiken es birgt, wenn man sich daran nicht hält.

Das Ablängen von Rohren

Schon beim ersten Arbeitsgang, dem Ablängen des Rohres, kann es zu entscheidenden Fehlern kommen, welche sich bei der Weiterverarbeitung maßgeblich negativ auf die Installation auswirken können. Schräge oder ausgefranste Schnittkanten, die beispielsweise mit einer Bügelsäge oder einem Trennschleifer erzeugt wurden, können beim Einstecken des Rohres in das Fitting dessen Dichtelement nachhaltig beschädigen, die Mantelfläche der Muffe nicht vollständig belegen oder Späne im Rohr hinterlassen. Verwendet man hierzu einen handelsüblichen Rohrabschneider, erhält man immerhin eine saubere Schnittkante. Diese ist jedoch scharfkantig und könnte deshalb ohne vorheriges Entgraten ebenfalls zu einer Beschädigung des Dichtelements führen. Bewusst sollte man sich auch sein, dass die Abdichtung der Rohrverbindung an der Außenseite des Rohres stattfindet. Oft weisen jedoch Rohrenden durch unsachgemäße Lagerung oder Transport Längsriefen auf, die eine ordentliche Abdichtung der Rohrverbindung stören können. Betroffene Leitungsabschnitte sollten deshalb dahingehend überprüft und gegebenenfalls entfernt werden. Die Oberflächenreinigung des Rohrendes mit einem Reinigungsvlies, zum Entfernen feiner Schmutzpartikel auf der Außenseite, verleiht der Rohrverbindung das letzte professionelle Finish. Wer sich beim Ablängen von Rohren also nicht der erforderlichen Sorgfalt widmet, riskiert demnach, dass Rohrverbindungen undicht werden, Druck-, Scher- oder Zugbelastungen nicht mehr den ursprünglich technisch gewünschten Anforderungen genügen oder es zu Korrosionserscheinungen kommen könnte. Dies sollte unter professionellen Gesichtspunkten jedoch zwingend vermieden werden.

Die Entgratung außen - Ein Segen für das Dichtelement

Unabhängig davon wie ein Rohr abgetrennt wurde, entsteht an der Außenkante des Rohres meist eine scharfe und damit ungeeignete Stelle, um diese unbearbeitet in das vorhandene Fitting einzustecken. Der durch den Rohrabschneider ausgeübte Druck gegen das Rohr führt regelhaft zu einem leichten Einzug des Rohres an der Trennstelle, die scharfe Schnittkante bleibt jedoch erhalten. Ist das Schneidrad des Rohrabschneiders stumpf oder der Vorschub zu gewaltig, kann das Rohr an der Trennstelle durch den hohen Druck zusätzlich etwas nach außen gepresst werden. Alle Umstände führen jedoch gleichermaßen dazu, dass das Dichtelement des Fittings beim Einstecken des Rohres beschädigt werden kann. Schnittverletzungen bis hin zur kompletten Durchtrennung des Dichtelements, sind die zu erwartenden Folgen. Derartige Schäden können nur vermieden werden, wenn das Rohr zuvor fachgerecht entgratet wurde. Hierzu eignet sich am besten ein Universalentgrater, den es in verschiedenen Größen zu erwerben gibt. Dadurch wird das Rohr entgratet und gleichzeitig etwas gefast. Das Einstecken des Rohres in das Fitting ist nach der Bearbeitung mit dem Entgrater nun bedenkenlos möglich. Der Universalentgrater ist ein kleines, nützliches und unverzichtbares Tool, das in keiner Werkzeugkiste fehlen sollte. Mit konventionellen Werkzeugen ist eine saubere Entgratung nur schwierig herzustellen.

Die Entgratung innen - Der Korrosionsschutz par excellence

Durch die Nutzung eines Rohrabschneiders, ausgelöst durch den Vorschub des Schneidrades welcher Druck auf das Rohr ausübt, entsteht regelmäßig auch im Inneren des Rohres ein Grat. Dieser kann auch durch andere Trennwerkzeuge entstehen, ist jedoch ein typisches Phänomen vor allem bei der Anwendung eines Rohrabschneiders. Der Grat im Inneren birgt gleich mehrere Risiken, die in der Folge zu unangenehmen Schäden führen können. Zunächst einmal verursacht dieser Grat eine Engstelle im Rohr, an der das vorbeifließende Medium starke Verwirbelungen erzeugt. Das Ausmaß der Verwirbelungen sowie deren Folgen ist dabei von verschiedenen, jedoch zusammenhängenden Einflussfaktoren, abhängig. So kommt es beispielsweise auf Fließgeschwindigkeit, Fließdruck, Nutzungsdauer sowie das Ausmaß der Verengung an. Je ausgeprägter die Faktoren sind, umso größer ist die Problematik in Gänze.

Durch die Verwirbelung des Mediums erhöht sich an dieser Stelle die Fließgeschwindigkeit erheblich. Dies führt zunächst dazu, dass sich hier ungewollte Fließgeräusche entwickeln. Der Schalldruckpegel verstärkt sich und überschreitet somit leicht den zulässigen Grenzwert nach DIN 4109 von < 30 dB(A), insbesondere dann, wenn zusätzlich noch Mängel an der Körperschallentkopplung des Rohres vorliegen. Der Schalldruckpegel von < 30 dB(A) entspricht allerdings längst nicht mehr dem aktuellen Stand der Technik, dies hat bereits im Jahr 2007 der Bundesgerichtshof in seinem Urteil festgestellt (vergl. BGH-Urteil vom 14.06.2007, VII ZR 45/06). Demnach können diese Werte schon allein deshalb nicht mehr herangezogen werden, weil sie lediglich die Mindestanforderungen zur Vermeidung unzumutbarer Belästigungen regeln. Stattdessen können Anhaltspunkte für aktuelle Schalldruckpegel, welche dem anerkannten Stand der Technik entsprechen, aus den Regelwerken der Schallschutzstufen II und III der VDI-Richtlinie 4100 oder der DIN 4109, Beiblatt 2 entnommen werden. Das Problem des Schallschutzes ist also nicht kleinzureden und noch kritischer zu betrachten, als es die DIN 4109 derzeit vorgibt.

Die hohe Fließgeschwindigkeit, die durch die Verwirbelung des Mediums im Rohr ausgelöst wird, begünstigt zusätzlich die Erosionskorrosion. Diese entsteht bei metallischen Rohren, in denen sich strömende Flüssigkeiten oder strömender Dampf befindet. Man versteht unter dem Begriff der Erosionskorrosion einen punktuellen oder kleinflächigen Abtrag von Metall, wenn sich ein Medium mit hoher Fließ- oder Strömungsgeschwindigkeit daran reibt. Das alte Sprichwort „steter Tropfen höhlt den Stein“ beschreibt hier wohl am besten, was es damit auf sich hat. Wegen dem dauerhaften Kontakt zwischen den metallischen Rohren und den darin fließenden Medien, können für diese Anwendungszwecke nur metallische Rohrwerkstoffe eingesetzt werden, die ohnehin eine hohe Korrosionsbeständigkeit aufweisen. Diese Metalle verfügen über eine schützende Oxidschicht, welche die Korrosion verhindert. Ist die Fließgeschwindigkeit des Mediums allerdings derart hoch, dass die korrosionshemmende Oxidschicht im Rohr schneller abgetragen wird, als sie sich neu bilden kann, sind Korrosionsschäden durch Erosionskorrosion vorprogrammiert. Zusätzlich wird diese Korrosionsart durch Temperatur, PH-Wert und Sauerstoffgehalt des Mediums beeinflusst. Schlussendlich führt also auch die Erosionskorrosion, durch den Materialabtrag über einen längeren Zeitraum hinweg, irgendwann vermutlich zu einem Rohrbruch. Auch hier gilt, je mehr Einflussfaktoren ungünstig mitwirken, desto schneller tritt der Schaden ein.

Im Schadenfall kann es richtig teuer werden

Tritt eine Undichtigkeit ein, wird diese im Idealfall bei der Druckprüfung entdeckt und kann umgehend beseitigt werden. Unterstützend wirkt hier eine spezielle und patentierte Konstruktion des Dichtelementes mit, die im Druckbereich von 0,1 bar bis 6,0 bar undicht bleibt, sofern die Verbindung beim Pressen übersehen wurde. Möglich ist es jedoch auch, dass der Schaden zunächst nicht erkannt wird und dann Wasser über Wochen oder Monate im Mauerwerk, unter dem Estrich oder in den Vorwandsystemen versickert. Wird ein Schaden erst nach längerer Zeit entdeckt, ist eine isolierte Reparatur der schadhaften Stelle meist nicht mehr ausreichend. Ein aufquellender Anhydritestrich oder Schimmelbildung an Wänden und Decken, sorgen dann für erhebliche Mehrkosten. Aufwendungen für die Leckortung, die Begutachtung von Bauschäden, Trocknung von Bauwerksteilen oder Sanierungsarbeiten derselben, schlagen nicht selten mit fünfstelligen Beträgen zu Buche. Erbringt die Haftpflichtversicherung des betroffenen Fachbetriebes dann den Nachweis einer unsachgemäß verarbeiteten Rohrverbindung, kann die Zahlungsverweigerung, die Zahlungsrückforderung oder die Kündigung der Versicherung eine Folge sein. Schäden, die durch eine unsachgemäße Rohrverbindung entstanden sind, lassen sich problemlos noch Jahre später nachweisen. Zusätzlich fallen meist noch hohe Prozesskosten für juristische Auseinandersetzungen oder Schadenersatzforderungen an, welche in der Regel ebenfalls vom Verursacher zu begleichen sind. Kumuliert man alle anfallenden Kosten, kann es auch für wirtschaftlich solide Unternehmen sehr schnell schwierig werden. An dieser Stelle ist deshalb große Vorsicht geboten!

Fazit - Sparen Sie Zeit, Nerven und schonen Sie Ihren Geldbeutel!

Abschließend kann aus fachmännischer Sicht zusammengefasst werden, dass das Entgraten eines Rohres keinesfalls als unnötig oder unwirtschaftlich angesehen werden darf, sondern für Fachkräfte ein absolutes Obligat darstellt. Es entspricht dem Mindeststandard jeder fachgerechten Installation. Wird das Rohr vor der Verarbeitung außen und innen nicht entgratet, stellt dies eine grobe Fahrlässigkeit bei der Verarbeitung dar. Diese Verantwortung mit allen ihren unangenehmen Folgen lastet unausweichlich auf den Schultern des Fachbetriebes. Im Schadenfall entfallen außerdem die Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Hersteller, denn das Entgraten ist ein fester Bestandteil jeder Montageanleitung. Schon deshalb sollte man als Geschäftsführer, Inhaber oder verantwortlicher Bauleiter immer darauf achten, dass die eigenen Mitarbeiter hinsichtlich des Entgratens eine fachgerechte Arbeit ausführen. Eine Sensibilisierung zu diesem Thema ist, allein schon aufgrund der möglichen Schadenhöhe, dringend zu empfehlen. Hierfür stehen auch wir von der IBP GmbH, im Rahmen von individualisierten und qualifizierten Produktschulungen, als starker und kompetenter Partner jederzeit an Ihrer Seite.

Von: Thomas Schmid, IBP GmbH


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